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Gabriele Klein

Diplom-Übersetzerin (BDÜ)
Deutsch | Englisch | Spanisch
Ermächtigt durch das Oberlandesgericht Köln
Fachgebiete Recht, Wirtschaft, Umwelt

Geschlechtsneutrale Sprache – Umfrage

Die deutsche Sprache (wie auch die spanische, französische, etc.) verwendet das sogenannte generische Maskulinum, d. h. mit der männlichen Form ist die weibliche „mitgemeint“, z. B. die immer wieder gern herangezogenen Studenten. Häufig wird darüber debattiert, ob diese Regelung für Frauen diskriminierend ist und geändert werden sollte, um die Gleichheit der Geschlechter voranzutreiben.

In der englischen (genderneutralen) Sprache tritt das Problem dagegen nicht auf. Dort gibt es üblicherweise keine Unterscheidung zwischen der männlichen und weiblichen Form, z. B. eben „student“.

In diesem Beitrag beschäftige ich mich allein mit dem sprachlichen Aspekt, da ich als Übersetzerin öfter vor der Frage stehe, ob und inwieweit eine gendergerechte Sprache zu berücksichtigen ist. Dabei will ich gar nicht abstreiten, dass Sprache Einfluss auf die Lebensrealität nehmen kann. Allerdings denke ich auch, dass genau das Gegenteil erreicht wird, wenn die Thematik ad absurdum geführt wird.

Binnen-I und Doppelnennungen

Mir persönlich widerstreben die meisten Kurzformen, allen voran das sogenannte Binnen-I (LehrerInnen), das laut Duden gar nicht den Rechtschreibregeln entspricht, aber dennoch häufig Verwendung findet. Auch die Varianten „/-innen“ oder „(-innen)“ sind mir für den Textfluss einfach zu schwergängig.

Doppelnennungen wie „Lehrer und Lehrerinnen“ dagegen verlängern in der Sprachrichtung Englisch – Deutsch wiederum den Text in der Zielsprache und erhöhen damit den Preis der Übersetzung. Diese Form käme daher nur auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden zum Einsatz.

Einfluss des Übersetzers = Manipulation der Aussage?

Eine Kollegin hat in einem Artikel zu diesem Thema angemerkt, dass man als Übersetzer (tja, wie denn nun? Übersetzer/-in?) die Möglichkeit habe, die Gesellschaftsstrukturen durch den bewussten Einsatz von Übersetzungsstrategien zu beeinflussen.

Die Frage, die sich mir hier allerdings stellt, ist, ob ich damit nicht die Aussage und Intention des Ausgangstextes eigenmächtig verändere, die ich ja eigentlich, neben dem Textinhalt, in einer anderen Sprache wiedergeben soll? In diesem Fall scheint es mir erforderlich, sich sowohl mit dem Kunden, als auch mit dem Autor des Textes abzusprechen.

Das Partizip: Die Studentenkneipe wird zur Studierendenkneipe

Bleibt, neben einigen anderen Formen, wie dem Asterisk *, auf die ich hier nicht näher eingehen will, da sie meiner Meinung nach noch weniger brauchbare Alternativen bieten, die Variante, ein Substantiv durch ein Partizip zu ersetzen, also: aus den Studenten werden Studierende.

Das mag auf den ersten Blick eine gute Lösung sein, scheitert aber bereits an zusammengesetzten Wörtern (Komposita), bei denen mehrere Wortteile ersetzt werden müssten. Zudem stelle ich mir unter einer Studentenkneipe eine gemütliche Spelunke vor, während mir die Studierendenkneipe doch recht steril und antiseptisch erscheint.

Vor Kurzem habe ich in einer Massagepraxis ein Schild gesehen, in der die „Patienten“ angesprochen wurden. Beim Arzt wäre noch das Ausweichmanöver auf „Kranke“ denkbar, beim Masseur sind die Patienten nicht zwangsläufig krank. Müssten hier als die „zu Behandelnden“ angesprochen werden? Und worauf würden Berufsbezeichnungen wie „Soldaten“ hinauslaufen???

Meiner Meinung nach muss Sprache lebhaft und ein lebendiger Austausch zwischen den Menschen sein, und es tut ihr nach ästhetischen Gesichtspunkten nicht gut, sie zu überregulieren und in straffe Normen zu pressen. Ehrlich gesagt, habe ich auch gar keine Lust, jeden gesprochenen Satz erstmal im Kopf auf seine Political Correctness hin zu überprüfen. Wo bleibt denn da die Spontaneität?

Nichtdeutsche Muttersprachler finden die deutsche Sprache eh schon häufig schwergängig und sprechen ihr die Leichtigkeit und Lebensfreude ab. Da kommt es ihr sicher nicht zugute, wenn wir krampfhaft versuchen, bestimmte Bezeichnungen zu umgehen. Zumal die Pronomen dabei noch nicht einmal berücksichtigt sind und die meisten Lösungen auch nur Männer und Frauen ansprechen und diejenigen ausschließen, die sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlen.

Umfrage

Mich hat sehr interessiert, was die Frauen in meinem Umfeld von dieser Debatte halten, deshalb habe ich 11 von ihnen zu ihrer Meinung über gendergerechte Sprache befragt. Dabei habe ich absichtlich keine Übersetzerkolleginnen angesprochen, sondern Frauen mit ganz unterschiedlichem privaten und beruflichen Hintergrund, Angestellte und Selbständige aus den verschiedensten Bereichen, und interessante Antworten erhalten. Hier eine kurze Zusammenfassung:

Keine der Befragten fühlte sich durch das generische Maskulinum diskriminiert. Eine Meinung lautete, dass das Thema in seinen Anfängen (80er/90er Jahre) gut gedacht war, weil es gezeigt hat, wo überall die männliche Form dominiert, dass die Thematik aber mittlerweile einfach übertrieben wird.

Eine andere Meinung lautete, dass nicht von der Hand zu weisen ist, dass Sprache Wirklichkeit abbildet und/oder das Bewusstsein prägt, die Diskussion selbst aber oft ziemlich „bescheuert“ ist.

Eine weitere Meinung war, dass die deutsche Sprache eh schon überkorrekt ist.

Eine der Befragten berichtete, dass es an der Uni die Bezeichnung StudentX und ProfessX als genderunabhängige Bezeichnung gibt – hier treibt die Political Correctness also wirklich wilde Blüten.

Die meisten nervt das angehängte -Innen, und dass man als Schreiber viel Zeit damit verbringt, korrekte Formulierungen zu finden, und als Leser mehr Text lesen muss.

Eine Befragte glaubte nicht, dass Sprache (oder die Quotenregelung) eine Veränderung herbeiführt, und war stattdessen froh, ihren Job aufgrund ihrer Qualifikation und nicht aufgrund einer Quote bekommen zu haben.

Bevorzugt wurde von mehreren Befragten die Variante, dass am Anfang eines Textes darauf hingewiesen wird, dass der besseren Lesbarkeit halber nur eine Form verwendet wird, mit der alle gemeint sind.

Übrigens richten sich der Bundesanzeiger wie auch das Bundesgesetzblatt nach dem Handbuch der Rechtsförmlichkeit, wo es heißt: „Geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen, die nichts über das natürliche Geschlecht der bezeichneten Person oder Personen aussagen, verwirklichen die Forderung nach sprachlicher Gleichbehandlung von Frauen und Männern am besten. Sie sollten bevorzugt verwendet werden, um generische Maskulina zu ersetzen.“ Dort lautet die Vorgabe: Wenn beide Geschlechte angesprochen werden, sollen immer beide Formen verwendet und ausgeschrieben werden, z. B. „Studentinnen und Studenten“.

Informationen zur aktuellen Verdienstwirklichkeit finden sich im Blogbeitrag Gleiche Bedingungen bei geschlechtsneutraler Sprache?

Weitere Anregungen und Meinung sind herzlich willkommen.

12. Juni 2015

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